31
Dez
2006

Eine Erkenntnis statt eines Jahresrückblickes

Ganz vorsichtig begann ich vor Jahren mein Fernstudium. Ich hatte einfach die Nase voll von der Sachbearbeiterin im Arbeitsamt. Ich hatte mich dort gemeldet und hoffte, eine Umschulung ( einen vernünftigen PC-Kurs oder ähnliches) zu bekommen. Nachdem lange nichts geschah, obwohl ich immer wieder danach fragte, wurde ich eingeladen und sollte an einem Bewerbungstraining teilnehmen. Ziemlich sauer nahm ich den Termin an und erklärte der Dame, dass ich doch erst eine Grundlage für meine Bewerbung bräuchte. Sie sah das anders, da waren wohl in einem Kurs noch Plätze frei, die sie belegen musste. "Sie wollen also verweigern?" Fragte sie mich ärgerlich. "Wenn sie das so nennen wollen, dann ja" antwortete ich ihr. Sie blickte in meine Akte und bemerkte anschließend noch verärgerter " Ich kann ihnen ja nichtmal ihr Arbeitslosengeld streichen, sie bekommen ja gar keins..." Sie hatte nun nichts gegen mich in der Hand und hätte mir eigentlich leid tun müssen, so verzweifelt wie sie nun aussah.
Ich dachte über diese Frau nach, die da hinter ihrem Schreibtisch saß und sich vorkam wie jemand, der Macht hat. Macht über wen? Macht über die armen Menschen, die auf das bisschen Arbeitslosengeld wirklich angewiesen sind. Diese werden willkürlich in irgendwelche Kurse gesteckt, egal ob das sinnvoll ist oder nicht. Ich war nun also eine Verweigerin, eine Verweigerin der Unvernunft. Einen Termin bei dem Chef der uneinsichtigen Sachbearbeiterin bekam ich noch und dann ging ich.
Ziemlich kurz darauf las ich in der Zeitung von der Katholischen Akademie in Würzburg und dem möglichen Fernstudium für Religionspädagogik. Nach kurzem Überlegen meldete ich mich an.
Der Termin mit dem Stellenvorsteher im Arbeitsamt verlief in freundlichem und verständnisvollem Ton. Ich erzählte ihm, dass ich nun ein Fernstudium begonnen hatte und er wünschte mir viel Erfolg.
Mit dem Eintreffen der ersten Lehrbriefe erschrak ich vor meinem Mut.
Ich schaffte einen Kurs nach dem anderen und gar nicht einmal so ganz schlecht. Von Anfang an erzählte Franzl stolz, dass ich Religionslehrerin werde. Ich sah die Sache anders. Ich erzählte zunächst von dem Grund- und dann von dem Aufbaukurs, den ich gerade machen würde. Prüfungen waren schließlich noch nie meine Stärke. Besonders die mündlichen fürchtete ich. Aber ich habe sie alle bestanden. In dem hochkatholischen Paderborn habe ich auf eine Prüfungsfrage sogar geantwortet, dass ich dafür sei, dass Frauen Priester werden dürfen. " Das Evangelium ist die Grundlage unseres Glaubens und dort ist es nicht verboten" sagte ich mutig. "Und was nicht verboten ist, kann doch nur erlaubt sein“: meine Mitprüflinge und einige der Prüfer sahen miich mit offenen Mündern und großen Augen an, aber ich bestand diese Prüfung mit einer 1.
Anfang Dezember war es nun soweit. Ich fuhr zu meiner letzten großen Prüfung nach Würzburg. Hunderte von Begriffen schwirrten in meinem Kopf herum, ähnlich, wie es nachher die Silvesterraketen tun werden. Ich war am Ende meiner Nerven und am Ende meiner Kraft angelangt, aber auch am Ende meines Studiums.
Am Vorabend besuchten Franzl und ich im Würzburger Dom noch einen festlichen Gottesdienst. Dort fand ich Ruhe und dachte auch, dass der, der mich bis hierher gerufen und geführt hatte, mich nun nicht aus seinen Händen lassen würde.
So war es dann auch. Am nächsten Morgen überstand ich die Fragen, obwohl einer der Prüfer ein richtiger Fiesling war der es scheinbar darauf abgesehen hatte, mich und meine Leidensgenossin durcheinander zu bringen. Naja, er kam aus der Diözese Fulda.......
Ich bestand und habe somit etwas geschafft, auf das ich richtig stolz bin!
Es ist schon etwas besonderes, mit 48 Jahren ein Studium zu beginnen, bei dem man sich die Zeit dafür selbst einteilen darf/muss.
Mein Fazit ist:
Man schafft immer etwas mehr als man sich zutraut.

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tschapperl - 31. Dezember, 18:02

Schön wenn man auf etwas Nicht-Selbstverständliches zurückblicken kann! Da freue ich mich nochmals mit und wünsche dir, dass du bald etwas draus machen kannst - will sagen, dass dir die Leute zuhören müssen/können.
Viel Spaß heute noch in der Küche (s.u.).
;-)

sandhexe - 2. Januar, 01:59

Danke :-)

ich bleibe dran und frage immer wieder nach. So schnell gebe ich nicht auf.
Den Spaß in der Küche und später beim Essen hatte ich. Das Ergebnis meiner Kochkunst war ebenso kölstlich wie reichlich und hat für 2 Tage und somit für 6 Personen gereicht.
ElsaLaska - 2. Januar, 01:50

Du bist fürs Frauenpriestertum eingetreten? Wow Baby!
Nicht dass mir das ein Anliegen wäre, aber WOW!
Ich bewundere deinen Mut, ich hoffe, dass aus dieser Fortbildungssache für dich Gutes erwächst und ich wünsche dir, dass dein Glaube nie abfällt.Hab ein zauberhaftes, aufregendes, neues supertolles Jahr.
Elsa

sandhexe - 2. Januar, 01:57

Ich danke dir, liebe Elsa. In meinem Glauben bin ich tief verwurzelt, der hält einige Orkantiefs aus ;-)
Auch für Dich ein schönes, erfolgreiches neues Jahr mit viel Grund zur Freude.
Liebe Grüße Lizz
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